Selbstliebe: Liebe auf den echten Blick

Und plötzlich ist da jemand, der dir so tief wie kein anderer zuvor in die Augen blickt und dich erkennt.

 

Als ich gestern morgen vor dem Losgehen zu einem Lehrertraining fuhr, schaute ich noch kurz in den Spiegel und dachte: Puh… Wie siehst du bloß aus? So dolle Augenringe, müde und kaputt. Du strahlst nicht gerade das optimale Yogalehrer Vorbild aus. Naja. Los – und 10 Stunden unterrichten.

 

Das Unterrichten an dem Tag war so schön, wie fast immer. So eine Freude und Dankbarkeit für diesen Beruf. Die lieben Teilnehmer waren so dankbar, so viele dankbare Worte, soviel Wertschätzung und auch Inspiration, die ich von ihnen zurück bekam, ließen mich sehr erschöpft vom Tag, aber gefüllt und genährt nach Hause fahren. Ich fühlte mich getragen und in meinem Tun, trotz der Anstrengung, auf dem richtigen Weg. Es macht alles so Sinn, wenn die eigene Arbeit ankommt und angenommen wird. Das schenkt mir Mut, weiter zu machen, auf meinem Weg zu bleiben. Einfach voran zu gehen, auch wenn es doch oft ganz schön anstrengend ist. Trotzdem sollten wir darauf achten, nicht zu hart mit uns selbst zu werden. Gerade dann, wenn wir versuchen, das Gegenteil zu vermitteln. 😉

 

Zuhause angekommen, blieb ich wieder vor meinem großen Spiegel im Flur stehen. Ich schaute mir in die Augen und dachte wieder: Hui… MÜDE FRAU! Geh’ mal schlafen. Ich blieb stehen und schaute tiefer, immer tiefer, in meine eigenen Augen. Ein liebevolles Gefühl durchdrang mich plötzlich. Es war so warm und nährend. Die Worte der Teilnehmer klangen noch nach. So oft spreche ich über die Spiegelungen im Außen, doch die guten Spiegelungen anzunehmen und anzusehen, ist meist schwerer als die „nicht so schönen“.

 

Ich blieb einfach stehen, wurde immer ruhiger und mein Blick zu mir selbst immer liebevoller. Ich dachte: Wow, ich habe mich ja schon oft im Spiegel angesehen, aber wirklich hingeschaut habe ich noch nie. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich das allererste Mal in meinem Leben wirklich ansehe. Es war so intensiv, mir selbst total auf Augenhöhe zu begegnen. Mich komplett wertfrei anzusehen. Der Blick zu mir wurde immer wertschätzender, und ja, ich fühlte tatsächlich immer mehr Liebe für mich und Anerkennung für mein Tun.

 

Im Hintergund hörte ich noch die Worte, die kürzlich ein Freund zu mir sagte: Du solltest dich öfter mal im Speigel anschauen und dich selbst lieben. Ich dachte noch: Ha, Selbstliebe, übe ich doch, mache ich doch… und das klischeehafte in den Spiegel Schauen und ‚Ich liebe dich’ sagen – das ist mir zu pauschal, oberflächlich und nicht meins.

 

Ich wurde eines besseren belehrt.

 

Ich schaute mir weiter in die Augen, mein Herz öffnete sich mehr. Ich begann tiefer zu atmen. Je liebevoller ich schaute, desto mehr dehnte sich der Atem aus, desto ruhiger wurde mein Nervensystem und gelassener meine Ausstrahlung, mein Blick. Ich stand einfach da, schaute mir in die Augen, atmete mit mir, begleitete mich selbst beim Atmen. Ich war tatsächlich so berührt, von meinem eigenen Blick, dass mir die Tränen kamen. Ich sah nicht auf mein Äußeres, ich sah in meine eigene Seele. Ich war mir so nah wie noch nie.

 

Ich begann, ohne es zu erzwingen, mir gute Dinge zu sagen, wie, dass ich mutig und tapfer bin. Dass ich gut bin, wie ich bin, und nicht immer so hart sein muss. Ja, warum bin ich so hart zu mir, fragte ich? Warum verlange ich mir so unmenschlich viel ab? Warum zu den anderen Menschen so liebevoll und mich selbst scheuche ich permanent und ohne Pause von A nach B und wieder zurück, ohne Durchatmen?

 

Dieses Ansehen und Atmen – ich fühlte, wie immer mehr Energie mich durchwebte, wie es Nahrung für meinen physischen Körper und auch für mein Herz und meine Seele war, mich so anzusehen. Ich fühlte, kein Mensch im Außen auf der ganzen Welt könnte mich je so tief ansehen, mich je so tief erkennen und mir diese Art von Liebe geben, die ich mir selbst gebe. Niemals wird ein Mensch mir so nah sein können, wie ich mir selbst nah sein kann…

 

Das Außen wird mich nicht nähren können, nicht so für mich sorgen können und gut mit mir umgehen, wie ich es selbst kann, und wirklich mehr tun sollte. Ich sah meine eigenen inneren Kinder mehr und mehr zur Ruhe kommen und mein Wunsch stieg, besser für mich zu sorgen. Mir den Raum zu geben, zum Atmen, zum Sein, um dann aus noch mehr Ruhe und Kraft geben und schöpfen zu können.

 

Je länger ich da stand, desto mehr löste sich der Spiegel auf. Ich sah ihn gar nicht mehr. Er war nicht da. Da stand nichts mehr zwischen mir und meinem Spiegelbild. Ich wurde immer mehr eins mit mir… Keine Trennung, das intensivste und nächste Körpergefühl, welches ich je zu mir hatte, war in dem Moment da. Ich fühlte meine Seelenessenz ganz klar und deutlich und fühlte mich inmir einfach wohl, geborgen und zuhause.

 

Ein für mich neues und unglaublich berührendes und intensives Erleben.

 

Crazy Story, und immer wieder dieses selbe Thema: SELBSTLIEBE. Wir hören es überall und doch ist es die größte Herausforderung, immer wieder überhaupt Ansätze davon zu erfahren und mit uns selbst liebevoll umzugehen.

 

Doch gibt uns tatsächlich nichts auf der Welt mehr Kraft und Vertrauen, mehr Liebe und damit einhergehend absolute Freiheit und Unabhängigkeit, das Ende von Bedürftigkeit und Trennung von uns selbst. Selbstliebe üben… eine lohnende Sache, nicht abgedroschen, sondern essentiell und mehr als liebevoll.

 

Ihr kennt den Spruch: Nur, wenn wir uns selbst lieben, können wir Liebe geben oder auch andere können uns nur so lieben, wie wir es selbst tun… Bla bla bla… Aber es stimmt ja trotzdem.

 

Ich glaube jedoch, dass es nicht wirklich klappen kann, sich vor den Spiegel zu stellen und zu sagen ‚Ich liebe mich selbst’, wenn wir es dann eben eigentlich gar nicht tun. Wartet auf den Impuls: Wann ist der richtige Moment, wann entsteht es wirklich aus euch? Wann nehmt ihr es euch wirklich ab, wenn ihr sagt: Ich liebe mich? Oder einfach: Ich nehme mich so an, wie ich bin, ich schätze mich, auch in den Zeiten, wo ich mich eben nicht liebe und mal wieder zu hart mit mir umgehe? Und wie finde ich den Weg dahin zurück? Bis uns ein liebevolles Wort eines Gegenübers oder das eigene Spiegelbild uns zurückspiegelt, hin zu uns selbst in unser Herz. Seelennahrung <3

 

Begleitet euch selbst liebend durch den Tag, durch eure Yogapraxis auf und außerhalb der Matte. Begleitet euch beim Atmen. Erkennt, dass ihr es wirklich verdient habt und dass diese Selbstfürsorge euch niemand anderes geben kann und wird.