13. Vertiefte Praxis: Wenn die Form unwichtig wird & das Fühlen beginnt

Neue, freiere Bewegungstrends werden sich über die Jahre und Jahrhunderte immer mehr entwickeln und der Wunsch nach geistiger Orientierung wird wachsen. Je mehr es darum gehen wird, eben nicht nur einem Trend und einem Körperkult zu folgen, sondern Bewegungen auszuführen, um innerlich zu wachsen, natürlicher zu werden und nicht die Bewegung oder die Körperform an sich in den den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Erfahrungen, die dadurch ermöglicht werden.

Der meist zu große Fokus auf die Formen, das Aussehen und auf ein Ziel führt den Mensch im Umkehrschluss weiter von echter Erkenntnis und innerer Weiterentwicklung weg.

Wir wollen unsere Praxis in ihrer ganzen Tiefe erfahren – ganz egal welche Bewegungsform wir ausführen.

 

Wenn wir Neues lernen

Wenn wir etwas Neues lernen, brauchen wir Geduld. Und anstatt Ansprüche und Erwartungen an uns selbst, lieber Hingabe, Vertrauen und unsere Erlaubnis, schrittweise zu wachsen.
Immer wieder sollten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Stimme in uns richten. Die Stimme, die alles immer sofort können möchte. Anstatt ihr nachzugeben, sollten sich Selbstliebe und Respekt, uns und unserem Körper gegenüber, durch jede Bewegungspraxis ziehen.
Frei von Erwartungen und Druck an uns selbst – vor allem in unserer Bewusstseins- und Bewegungspraxis.
Druck und übernatürliche Erwartungen an uns selbst haben wir schon in vielen Bereichen unseres Lebens, jeden Tag. Durch die Praxis wollen wir üben, diese abzubauen und milder mit uns zu werden.
Wir brauchen eine liebevolle Selbstdisziplin, die uns hilft, in Bewegung zu kommen und zu bleiben. Sie soll uns stärken, jedoch nicht überfordern.

 

Weiterentwicklung: Wenn deine Praxis sich vertieft

Woher kommen die Gedanken, die uns einreden, dass wir perfekter, schneller, besser, schöner, bewusster, weiter als wir selbst und weiter als andere kommen müssen?
Wir versuchen einem Idealbild zu entsprechen, weil wir denken, wenn wir es erreichen, wird alles leichter. Wir denken: Kommen wir dem Bild nahe, dem wir entsprechen wollen, dann müssen wir nicht mehr kämpfen – vor allem nicht um Anerkennung. Dabei kämpfen und kämpfen wir, auf genau dem Weg, diesen Zustand zu erreichen.
Alles wird anstrengend, unser Leben wird anstrengend.

 

Wir kommen auf diesem Weg immer näher ans vermeintliche Ziel völlig außer Atem und dann kommt immer wieder die Ernüchterung:
Es ist noch nicht gut genug, es ist noch nicht perfekt.
Wir eifern weiter, während uns der Atem und die Kraft immer mehr ausgeht.

 

Solange wir an der Oberfläche leben, wundern wir uns, dass wir uns abkämpfen müssen – Tag um Tag – und dann nicht ans Ziel zu gelangen.

 

Diese Lebenseinstellung, die wir alle in uns tragen und überwinden dürfen (nicht müssen), liegt unseren persönlichen und auch kollektiven tiefsten Verletzungen und Missverständnissen zugrunde.

 

Was bedeutet Weiterentwicklung? Weiter wohin? Weiter von dir weg? Oder weiter zu dir hin? Weiter hinein? Wo hinein?

In dich selbst hinein – in die Tiefe, deine Tiefe…

Was bedeutet eine wirklich vertiefte Praxis, egal in welcher Bewegungsform?
Was bedeutet es für dich, immer besser zu werden? Immer weiterzukommen?
Was ist der große Unterschied zwischen Sport, Achtsamkeit und einer spirituellen Tiefe?
Zwischen Meditation und Bewegungspraxis?
Was bedeutet es, über das Gewöhnliche hinauszugehen?

Was bedeutet es, von außen, also der Oberfläche, nach innen hin zu dir und dem was du fühlst zu gelangen?

Was ist der Sinn deiner Praxis?
Was ist der Sinn unserer Lebenspraxis?
Worum geht es wirklich?
Worum geht es am Ende?
Und warum geht es darum nicht schon jetzt?
Was bedeutet Weiterkommen?

 

Erst wenn du dich nicht mehr nur von dem Außen inspirieren lässt, sondern deinen inneren Impulsen folgst, wird deine Praxis sich vertiefen und dein Leben sich nachhaltig verändern.

 

Es wird immer mehr deine individuelle Praxis – dein Weg.
Von den kleinen Räumen, die du dir bisher für deine Bewusstseins- und Bewegungspraxis erarbeitet hast, werden immer mehr Verbindungen in deinem ganzen Leben geknüpft.
Du kommst zunehmend bei dir an und beginnst immer mehr, deine eigenen Schritte und deinen ganz eigenen Weg zu gehen.
Du beginnst, von der Oberfläche tief in deine Themen einzutauchen.
Hier wirst du mehr und mehr lernen, Verantwortung für dich, deine Themen und auch dein Leben zu übernehmen.

 

Fangen wir an, aus unserem Innersten heraus zu leben, dann hören wir auf, unsere Verantwortung an das Außen abzugeben.

 

Wir hören auf, an unseren selbst erschaffenen Begrenzungen zu zerbrechen, gespiegelt durch eine oft zu harte und verkrampfte Körperoberfläche, die das Gefühl verdrängt.
Wir fangen an, unsere Gefühle zu erforschen und den Weg zu unserem eigenen Herzen aufzubauen.

Nur in unserem Herz, können wir uns selbst fühlen.

 

Doch meist haben wir keinen Zugang zu unserem Herzen.
Zu viele Schutzschichten liegen darauf. Schichten, die uns schützen wollen, weil es oft weh tat, zu fühlen.
Uns selbst zu fühlen, das müssen wir lernen.
Habt ihr das gewusst? Fühlen lernen?
Wir können noch so sensibel sein und die Menschen im Außen lieben und fühlen, doch uns selbst zu fühlen, das geht nicht von alleine.
Gerade sensible Menschen haben eine dicke Schutzschicht, die durchbrochen und durch die hindurch gefühlt werden möchte.

 

Ein sich bewegen: Von der Oberfläche in dein Allertiefstes – vom Außen ins Innen.

 

Dorthin soll unsere Reise gehen: Hin zu unserem vergrabenen Schmerz, hin zu unserem Herzen.
Das geht nur über den Weg des Bewusstwerdens, auf dem wir uns selbst ganz liebevoll begleiten.
In diese Tiefen gelangst du nur mit dir.

 

Die Körperpraxis lehrt uns, standhaft zu werden und die Willenskraft zu entwickeln, die wir brauchen, um den nötigen Mut aufzubringen, hin und nicht mehr weg zu fühlen.

 

Durch eine vertiefte Bewegungspraxis beginnen wir, die äußeren, körperlichen sowie inneren Herz-Schutzschichten abzubauen. Wir beginnen, uns unserer Verletzlichkeit zu stellen, um sie heilen zu können. Auf diesem Weg kommt alles hoch, was vorher versteckt war: alle Brüche, alles Unbewusste. Langsam lösen wir es aus den verschiedenen Körperschichten und unserem Herzen.

Dann dürfen wir üben immer weicher zu werden, uns hinzugeben, mit uns mitzufühlen, Spannungen immer mehr abzugeben.
Und irgendwann verlieren wir die Angst vor dem weich werden, weil wir merken, dass wir getragen werden und dass Schmerz zu Liebe wird, wenn wir uns fallen lassen.

Er wandelt sich und unser Herz wird immer freier.

 

Jede Schicht, die wir mutig durchgefühlt haben, führt uns näher zu uns selbst und das sorgt dafür, dass wir uns besser verstehen und somit auch annehmen können. Wir fangen an, liebevoller mit uns umzugehen und ein Mitgefühl für uns selbst zu entwickeln.

Der Weg in die Tiefe führt uns in die Vergangenheit. Meist direkt zu Themen, die wir im Elternhaus erlebt haben und von dort hin zu unseren Vorfahren, bis zu unserem Ursprung.
Von unseren persönlichsten Themen gelangen wir immer mehr zu überpersönlichen Themen, die alle Menschen bzw. die gesamte Menschheit betreffen. Je mehr wir aus der Vergangenheit „wegfühlen“, desto freier werden wir und das, was uns im Unbewussten geschwächt hat, löst sich langsam auf …und eine neue Kraft wird wach.

 

Unser Herz wird frei und wir fühlen endlich Liebe zu uns, unseren Mitmenschen und der Erde.