Zwischen Hingeben und Aufgeben
Ein Morgen wie viele andere: Ich stehe auf, mit dickem Kopf. Das Grübeln, das ewige Meditieren, Forschen – und trotzdem „Nicht-erkennen“ des Ausweges aus einer schwierigen Situation kostet Zeit und vor allem jede Menge Energie. In solchen Momenten scheint die Antwort auf die drängenden Fragen oft so fern.
Meist dauert es dann nicht lange, bis ich an den Punkt komme, an dem ich denke: Genug. Es reicht! Dann gibt es zwei Optionen: Sich weinend hinzuwerfen, aufzugeben, sich verloren zu fühlen. Oder: Akzeptieren. Hingeben. Vertrauen. Darauf, dass die Lösung kommt, wenn die Zeit reif ist. Nämlich dann, wenn man aufhört, etwas erzwingen zu wollen. In dem Moment, in dem ich mich dazu entscheide, loszulassen und zu meinem Urvertrauen zurückkehre, verrät meine innere Stimme mir die Lösung. Einfach so, unmittelbar, direkt und klar… Meine Energie ist zurück und ich voller Dankbarkeit und Freude.
Verschlossene Türen
Wir neigen dazu, gegen verschlossen Türen rennen zu wollen. Dicke Eisentüren. Immer und immer wieder. Und dann fragen wir uns: Warum sind diese Türen zu und wollen einfach nicht aufgehen? Wir versuchen es mit sämtlichen Tricks. Nehmen Anlauf, rennen los, versuchen neue Wege, andere Wege, sämtliche Umwege – und müssen schließlich mit blauen Flecken, blutenden Wunden und einer immer noch verschlossenen Tür schmerzlich zusammenbrechen. Gerade, weil wir es so sehr wollten, haben wir viel Kraft verloren, uns verlaufen und verletzt, indem wir versuchten die Tür zu durchbrechen.
Das kann uns so oft passieren. Bei kleinen wie größeren, die wir über den Verstand erzwingen wollen. Schlimmstenfalls erkennen wir am Ende des Lebens: Es ist vorbei und wir sind gegen Wände gelaufen – die ganze Zeit.
Was tun? Aufgeben und den Mut verlieren? Oder die Waffen fallen lassen und maximale Hingabe üben: Also vertrauen, dass diese Tür eben gerade zu ist und etwas anderes, für uns sinnigeres, wartet?
In dem Moment, in dem man sich für Vertrauen und Offenheit entschließt, geschieht die notwendige Veränderung: Ob es ein guter Freund ist, unser eigenes „höheres Selbst“ oder ein kleiner Hinweis, vermeintlich zufällig, der uns sagt: Kopf hoch! Es ist gut so. Hier, die Tür direkt daneben, stand die ganze Zeit über offen. Du hast sie nur nicht gesehen. Sie hat gewartet, bis du sie findest…
Im ersten Moment fragt man sich in solchen Situationen oft, wie man die offene Tür nur so lange übersehen konnte. Man ärgert sich über die Umwege, die man gegangen ist und die Zeit, die man verschwendet hat. Es fällt dann unglaublich schwer, zu erkennen, dass genau diese Umwege, die Widerstände und vielleicht sogar der Schmerz notwendig waren, um zu wachsen. Keine Zeit ist jemals verloren, keine Energie jemals verschwendet. Gerade auf den Irrwegen können wir so viel Gold finden, das wir am Ende mit durch die neue Tür tragen können. Die Tür, die wir ganz anders wahrgenommen hätten, wären wir nicht die Umwege gegangen.
Demut statt Konfetti
Hinter der neuen Tür angekommen, erwartet mich selten Konfetti. Aber dafür ein tieferes Verständnis und Liebe für meine innere Essenz. Dankbarkeit und Demut. Ich kann einige Dinge noch so sehr wollen – das Leben hat manchmal andere Pläne. Und auch wenn es nicht leicht ist: Wir können darauf vertrauen, dass das Leben es immer gut mit uns meint.
Durch diese Zyklen gehe ich ständig, täglich. Immer wieder. Tür auf, Tür zu, Nase stoßen, weitergehen. Am Ende werde ich immer mit größerem Vetrauen beschenkt, vor allem nach besonders schweren, unschönen Situationen. Deshalb bin ich mir rückblickend immer sicher, dass ich NIE auf nur einen dieser Irrwege, Erfahrungen und Erkenntnisse verzichten hätte wollen. Hätte ich meinen Willen durchgesetzt, wäre ich um einen wertvollen Erfahrungsgoldschatz ärmer gewesen.
Was das mit Yoga zu tun hat
Das selbe Spiel erleben wir auf der Matte. Wir können mit aller Kraft aus unserer äußeren Körperstruktur arbeiten – oder wir etablieren eine von innen heraus geführte und getragene Praxis. Wie fühlt es sich an, sich vom inneren Körper zu bewegen? Plötzlich wird ein Energiefluss spürbar. Was vorher anstrengend war, wird zu einem Wohlgefühl. Es fühlt sich leicht und zugleich kraftvoll an. Wir sind ganz da, in uns, werden immer präsenter. Ein inneres Erleben von Lebendigkeit in jeder Haltung. Ein Verständnis von Kontrolle und Kontrolle abgeben und führen lassen. Ein Vertrauen auf diese innere Kraftquelle, die unerschöpflich ist und uns trägt.
Was vorher unmöglich schien, geschieht wie von selbst. Nicht weil wir es wollen oder etwas erreichen müssen – es um ein Ziel oder das Meistern einer Pose geht. Es geschieht aus einer inneren Freude heraus, weich, aus dem Herzen, und so nährend. Wir praktizieren nicht Yoga, um es „auszuhalten“, bis es vorbei ist. Wir wollen es genießen, erleben, mit all seinen Höhen und Tiefen.
Genauso wenig leben wir auch nicht, um es zu „überstehen“. Wir leben, um zu erfahren, zu wachsen, zu erkennen. Das Leben mutet uns niemals etwas zu, was wir nicht schaffen könnten. Es sind immer nur wir selbst, wenn wir dieses oder jenes unbedingt WOLLEN.
Sophia